Thors Hammer by Schiewe Ulf

Thors Hammer by Schiewe Ulf

Autor:Schiewe, Ulf [Schiewe, Ulf]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Historischer Roman
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


Stikla Stad

Am frühen Morgen ist es noch unangenehmer. Es hat zwar aufgehört zu regnen, aber die Wolken hängen tief über der grauen und farblosen Landschaft. Über allem liegt ein feuchter Dunst, durch den ferne Einzelheiten nur undeutlich zu erkennen sind. Außerdem ist es kalt. Das Holz, das wir gesammelt haben, ist so nass, dass es unmöglich ist, ein Feuer in Gang zu kriegen. Und wenn, dann qualmt es, dass einem die Augen tränen. Unsere Mägen knurren. Wir zerquetschen Körner, weichen sie in Wasser auf und versuchen, das elende Zeug mit ein wenig Salz hinunterzuwürgen.

Halfdan hat kaum geschlafen, sagt er. Jetzt sitzt er da mit missmutigem Gesicht und hat die Hände unter die Achseln geklemmt, um sie zu wärmen. Feuchte Haarsträhnen hängen ihm ins Gesicht, und seine Lippen sind fast blau.

»Willst du meinen Mantel?«, frage ich.

Aber er schüttelt den Kopf. Dann steht er auf und läuft auf und ab, um warm zu werden und etwas Leben in die steifen Glieder zu kriegen. Den anderen geht es kaum besser. Sie sitzen schlechtgelaunt herum, fluchen über das Wetter und hoffen, dass sich die Sonne zeigt, um wenigstens die Kleider trocknen zu können.

»Ich hab’s mir überlegt«, sagt Halfdan.

»Was denn?«

»Ich denke, der Christengott ist stärker als unsere eigenen Götter.«

»Wie kommst du darauf?«

»Olaf sagt das. Er hat sich lange damit beschäftigt. Es ist die Zukunft. Die alten Götter sind überall auf dem Rückzug. Und Grimkell predigt Dinge, die mir gefallen.« Er hockt sich wieder zu uns. Plötzlich fummelt er an seinem Hals herum und zieht den Lederriemen über den Kopf, an dem sein taufr, sein Talisman, befestigt ist, Thors Mjölnir. Er besieht sich das kleine Schmuckstück. »Vielleicht bringt es Unglück, an den alten Dingen festzuhalten. Ich werde Grimkell bitten, mir ein Kreuz zu geben. Ihr solltet das auch tun. Und nach der Schlacht lass ich mich taufen.« Er macht einen gehetzten Eindruck.

»Ich wusste nicht, dass du plötzlich Christ geworden bist.«

Halfdan nagt unsicher an seiner Unterlippe. »Die alten Götter sterben, Harald. Womöglich schon in dieser Schlacht. Du solltest dein Götzenzeichen wegwerfen. Es bringt Unglück.«

»Bevor du’s wegwirfst, gib’s lieber mir«, mischt Thorkel sich mit einem Grinsen ein. Halfdans Gerede hat ihn nicht im Geringsten beeindruckt.

Halfdan sieht ihn einen Augenblick lang nachdenklich an. Dann hat er sich entschlossen und drückt Thorkel den Talisman in die Hand. »Da, nimm! Ich will nichts mehr damit zu tun haben.«

»Bist du sicher? Das Stück ist einiges wert.«

»Ja, ich bin sicher. Behalt es. Aber lass es Olaf nicht sehen. Der will nicht, dass wir so was tragen.«

»Du spinnst, Halfdan«, sage ich.

»Nein, das denke ich nicht.« Er erhebt sich wieder. »Grimkell hat bestimmt einen besseren taufr für mich. Ich werde ihn fragen.« Er stapft auf der Suche nach dem Bischof davon.

Was, bei allen Göttern, ist nur aus meinem freundlich lächelnden Bruder geworden? Seit wir die Heimat verlassen haben, ist er immer hektischer und unsicherer geworden, kurzangebunden, oft aus keinem besonderen Anlass gereizt. Und er trinkt zu viel. Etwas nagt an ihm. Wahrscheinlich bereut er, dass er mitgekommen ist, will es aber nicht zugeben. Ich fingere nun selbst an meinem Talisman herum.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.